SchwangerschaftErfahrungsbericht

Krebs kennt kein Timing – und traf mich am glücklichsten Tag meines Lebens

Karin Pütz
Karin Pütz21.7.2025 • Lesedauer: 8 Min.
Krebs kennt kein Timing – und traf mich am glücklichsten Tag meines Lebens

Zwischen größtem Glück und Verzweiflung

Die Diagnose „Krebs“ zu erhalten, ist ein Albtraum. Wie muss es sich da erst anfühlen, wenn diese niederschmetternde Nachricht einen zu Beginn der Schwangerschaft erreicht? – Erst recht, wenn es sich um einen hormonell bedingten Brustkrebs handelt. Die weiblichen Hormone, die während der Schwangerschaft naturgemäß ansteigen, sind Futter für diese Art Tumorzellen und kurbeln deren Wachstum massiv an!

Schauspielerin und Influencerin Katrin Wolter (@katrin.wolter) hat diese Situation selbst erlebt. Sie entschied sich für eine Chemotherapie während der Schwangerschaft – ein mutiger Schritt, der lange Zeit als unmöglich galt. Heute, drei Jahre später, ist sie Mutter einer gesunden Tochter und selbst aktuell krebsfrei. Beim diesjährigen Healthcare-Influencer-Camp auf Teneriffa hat sie mir ihre Geschichte erzählt.

Unvereinbare Emotionen und einfach unbegreiflich

Es gibt Tage, die unser Leben in ein Vorher und ein Nachher aufteilen. Solch ein Tag war für mich jener Freitag im April, an dem mir morgens bestätigt wurde, dass ich schwanger bin – und an dem ich nachmittags erfuhr, dass mein hormonell bedingter Brustkrebs zurückgekehrt ist.

Ich kann gar nicht beschreiben, wie ich mich da gefühlt habe. Zwar hörte ich die Worte des Arztes, doch wirklich realisieren, was sie bedeuteten, konnte ich da noch nicht. Zum Glück hatte mich eine Freundin zum Arzt begleitet. Sie hielt die ganze Zeit meine Hand.

Die Widersprüchlichkeit meiner Gefühle – einerseits die überschwängliche Freude über die Schwangerschaft, andererseits die plötzliche Todesangst aufgrund der Krebsdiagnose – all dies erschien mir vollkommen unwirklich, weil es in meinem Kopf einfach nicht zusammenpasste.

Als ich nach Hause kam und mit meinem Mann sprach, sah ich ihn zum ersten Mal in meinem Leben vollständig zusammenbrechen. Immer wieder küsste er meinen Bauch. Da konnte auch ich mich nicht mehr beherrschen und bei uns beiden flossen unendlich viele Tränen. Es war der bis dahin wohl emotionalste Moment unseres Lebens.

Am Scheideweg

Weil ich mich noch in einem sehr frühen Stadium der Schwangerschaft (6./7. Schwangerschaftswoche) befand, sprachen die Ärzte sofort von Abbruch. Eine schnelle und zielgerichtete Reaktion sei nötig, um den Krebs zu bekämpfen. Untersuchungen wie ein MRT, das im frühen Stadium der Schwangerschaft besser nicht durchgeführt werde, seien nötig, um Aufschluss darüber zu geben, ob sich bereits Fernmetastasen gebildet hätten.

Ich war verzweifelt, denn ich glaubte, nach meiner ersten Brustkrebserkrankung (ebenfalls hormonell bedingt) alles richtig gemacht zu haben. Zu jedem Zeitpunkt hatte ich mich an die Aussagen meiner behandelnden Ärzte gehalten, hatte mit ihnen abgeklärt, wann ich – aufgrund meines Kinderwunsches – die Antihormontherapie unterbrechen könne, die ich nach meiner ersten Brustkrebserkrankung begonnen hatte. Als ich dann das Go erhielt, wurde ich gleich beim ersten Versuch schwanger – nur um nun feststellen zu müssen, dass der Krebs trotz der Behandlung bereits zurückgekehrt war – und zwar mit 23 Lymphknoten-Metastasen!

Für viele Frauen wäre die Entscheidung vermutlich klar gewesen: Die eigene Gesundheit geht vor. Doch in mir sperrte sich alles dagegen, diesen Weg zu gehen. Ich spürte eine tiefe Verbindung zu dem kleinen Wesen in mir und habe mir immer wieder gesagt: Es hat sich meinen kranken Körper ausgesucht. Es will bleiben. Deshalb muss ich alles tun, damit dies möglich ist.

Neue Optionen, neue Hoffnung

Ich fing an zu recherchieren und erfuhr, dass Chemotherapie in der Schwangerschaft in einigen Fällen möglich ist – etwas, von dem ich zuvor nur vage gehört hatte. Ich beschäftigte mich mit dem Thema und konnte mir diese Art der Behandlung immer besser vorstellen, denn ich dachte: Jetzt bin ich noch jung, mein Körper ist stark. Bestimmt wird er sich von der Chemotherapie rasch wieder erholen. Vielleicht ist es besser, diese Behandlung jetzt zu machen, als zu riskieren, dass der Krebs wächst und vielleicht sogar streut. Denn sollte dies geschehen, wäre es gut möglich, dass der Krebs nicht mehr heilbar wäre.

Natürlich ist es mir nicht leichtgefallen, aber irgendwann stand meine Entscheidung: Wenn die Chemotherapie das ist, was mein Körper jetzt braucht, dann will ich sie ihm geben!

Ich suchte und fand Ärzte, die mir bestätigten, dass sie mit Chemotherapien bei Schwangeren bereits Erfahrungen gesammelt hatten.

Es begann ein Wettlauf gegen die Zeit

Ich habe damals sehr viel gelesen und mich informiert. Ich wollte meine Erkrankung und die Art, wie ich sie behandeln würde, komplex verstehen und keine Alternativen außer Acht lassen. Um meinen Körper zu stärken, damit er der Chemotherapie standhält, habe ich außerdem viel mit Heilpraktikern zusammengearbeitet, ich habe mich bewusst und gesund ernährt, mich jeden Tag bewegt und meditiert.

Bis zur 12. Schwangerschaftswoche mussten wir warten, also bis zu dem Zeitpunkt, ab dem die Organe des Fötus ausgebildet sind. Dann wurde ich operiert – die betroffene Brust wurde entfernt sowie die befallenen Lymphknoten. Ab der 15. Schwangerschaftswoche begann die Chemotherapie.

Ich wusste, dass die Chemotherapie durch die Plazenta durchgehen würde. Deshalb habe ich mich jedes Mal, wenn die Chemo begann, konzentriert und ein imaginäres Licht zu meinem Bauch geschickt. Ich habe mir vorgestellt, dass es sich dort wie eine Art Schutzschild um mein ungeborenes Baby legt.

Das mag vielleicht esoterisch und ein bisschen verrückt klingen, doch ich habe diese Vorstellung immer wieder ganz klar und voller Inbrunst manifestiert. Ich glaube an die Kraft positiver Gedanken und bin davon überzeugt, dass sie sehr mächtig sein können.

Es scheint funktioniert zu haben. Jedenfalls kam meine Tochter gesund zur Welt.

Unerwartete Stärke

Immer wieder werde ich gefragt, woher ich in dieser Zeit meine Zuversicht genommen habe. Die kam tatsächlich ganz aus mir selbst heraus. Ich war damals davon überzeugt – und bin es noch heute – dass alles genau so sein sollte, wie es gekommen ist.

Als ich schwanger wurde, war der Krebs bereits zurück – ich wusste es nur noch nicht. Ein MRT, das ich vor der Schwangerschaft vorsichthalber hatte machen lassen, war falsch ausgewertet worden. Wahrscheinlich hätte ich sonst gar nicht erst versucht, schwanger zu werden. Schließlich hatte ich meinen Kinderwunsch schon einmal wegen meiner ersten Krebserkrankung hintenangestellt.

Doch nun hatte sich dieses kleine Wesen meinen kranken Körper ausgesucht. Tief in meinem Herzen spürte ich: Es war mir geschickt worden, damit ich die Krankheit auch das zweite Mal durchstehe. Manchmal kam es mir vor, als wolle es mir sagen: Mama, wir schaffen das zusammen. Du hast dich entschieden, mich zur Welt zu bringen und ich werde dir helfen, gesund zu werden.

Die Therapie begann

Ironischerweise wurde ich die wohl glücklichste Chemotherapie-Patientin im ganzen Krankenhaus. Die Schwangerschaft gab mir eine Kraft, die ich zuvor nicht gekannt hatte. Für mein Kind wollte ich kämpfen, wollte positiv bleiben.

Die psychologische Betreuung im Krankenhaus sagte mir, dass sie normalerweise mit Patienten an ihren Todesängsten arbeiten würde – aber in meinem Fall sei das nicht sinnvoll. Würde ich jetzt meine eigene Todesangst aufarbeiten, gehe das zu sehr in die Tiefe, und könne dem Ungeborenen schaden.

Also schob ich alle negativen Gedanken beiseite und konzentrierte mich auf zwei positive: Ich will, dass dieses Kind gesund zur Welt kommt UND dass es eine gesunde Mama hat!

Im Vorfeld hatte ich die Befürchtung, dass ich durch die Schwangerschaftshormone irgendwann den Fokus auf meine eigene Heilung verdrängen und zum Beispiel auf den Gedanken kommen könnte, die Chemotherapie zum Wohle des Ungeborenen abzubrechen. Diese Gedanken tauchten oft auf, ich hatte ein schlechtes Gewissen gegenüber diesem kleinen Wesen in mir. Aber mein Mann erinnerte mich immer wieder daran, dass meine Heilung im Vordergrund steht, unser Baby alles gut verkraften wird und ich dem Therapieplan der Ärzte vertrauen soll.

Die Rückkehr der Krankheit war der Beginn meiner Transformation

Heute habe ich eine gesunde Tochter an meiner Seite. Meine Prognose ist unsicher – vielleicht sind meine Heilungschancen gering. Aber gerade deswegen lebe ich jetzt intensiver, bewusster. Ich möchte einfach alle Chancen nutzen, die sich mir bieten. Auf was soll ich noch warten?

Mein Mann, ein Franzose, wollte immer schon wieder zurück in seine Heimat, ans Meer ziehen. Heute leben wir in der Bretagne, zehn Minuten von den Schwiegereltern entfernt, direkt am Atlantik. Diese Entscheidung hätte ich ohne den Krebs vermutlich immer wieder aufgeschoben, vielleicht nie getroffen. Für mich wurde die Diagnose zu einer Art Weckruf.

Neue Wege

Ich teile meine Geschichte über Social Media, allerdings nicht, um auf diese Weise Follower zu gewinnen, sondern weil ich weiß, wie es ist, mit einer solchen Diagnose allein zu sein.

Als ich begann, meine Erfahrungen zu teilen, meldeten sich Frauen in ähnlichen Situationen. Frauen, die keine Ahnung hatten, dass eine Chemotherapie während der Schwangerschaft möglich sein könnte. Frauen, die von Ärzten zu Abtreibungen gedrängt wurden, ohne dass ihnen Alternativen aufgezeigt wurden.

Heute sehe ich es als meine Aufgabe an, diesen Frauen Mut und Unterstützung zu geben. Meine emotionale Reise durch Krebs und Schwangerschaft hat mir gezeigt, dass in jedem noch so dunklen Moment Licht zu finden ist – manchmal in Form eines kleinen Herzschlages, der uns die Kraft gibt, weiterzukämpfen.

Wichtige Fakten

Das solltest du wissen
  • Für jede Frau ist eine jährliche Brustkrebsvorsorge-Untersuchung beim Frauenarzt unerlässlich für die Früherkennung der Krankheit. Außerdem wird für Frauen von 50 bis 69 Jahren alle zwei Jahre eine Mammografie empfohlen. Auch regelmäßiges Selbstabtasten der Brüste und der Achselhöhlen hilft, Veränderungen festzustellen, die auf Brustkrebs hinweisen können.

  • Beim hormonell bedingten Brustkrebs wachsen bösartige Brusttumore abhängig von weilblichen Geschlechtshormonen. Besonders Östrogen spielt dabei eine große Rolle.

  • Antihormontherapien werden häufig eingesetzt, um das Krebswachstum zu stoppen oder zu verlangsamen.

  • Eine langfristige Rückfallprophylaxe soll verhindern, dass der Krebs zurückkehrt. Eine Behandlung mit Antihormonen wird meist über einen Zeitraum von fünf bis zehn Jahren durchgeführt.

Unterstützung finden

Es gibt zahlreiche entlastende Hilfsmittel für Frauen nach einer Brustkrebstherapie (zum Beispiel Brustprothesen, Spezial-BHs, Kompressionstherapie und Hautpflegeprodukte) oder für die Schwangerschaft (etwa Kompressionsstrümpfe, Schwangerschaftsgürtel und Schwangerschaftskissen). Welche Hilfsmittel für dich persönlich am geeignetsten sind, dazu kannst du dich jederzeit im Sanitätshaus beraten lassen.

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