SchmerzenErfahrungsbericht

Leben mit CRPS – wenn der Schmerz nicht aufhört

Karin Pütz
Karin Pütz16.6.2025 • Lesedauer: 5 Min.
Leben mit CRPS – wenn der Schmerz nicht aufhört

Meine schmerzhafte Reise hin zu wirklicher Selbstakzeptanz

Das komplexe regionale Schmerzsyndrom (CRPS) führte bei Wioletta Wyrwol – trotz zahlreicher Behandlungsversuche – zur Unterarmamputation. Für die Influencerin der Beginn eines neuen Lebens, dem sie trotz allem auch etwas Positives abgewinnen kann. Das ist ihre Geschichte:

Eine folgenschwere Entscheidung

Den Moment, in dem ich erfuhr, dass mein rechter Unterarm amputiert werden sollte, werde ich niemals vergessen. Nach jahrelangen unerträglichen Schmerzen, nach 83 Operationen, nach falschen Diagnosen und leeren Versprechungen, fiel schließlich diese schwerwiegende Entscheidung. Doch statt Trauer, empfand ich Erleichterung. Mit einem Lächeln im Gesicht ging ich ins Krankenhaus, denn ENDLICH tat sich etwas!

Gut zu wissen

CRPS steht für die englische Bezeichnung Complex Regional Pain Syndrome
  • Oft wird auch der Begriff Morbus Sudeck verwendet. Die Schmerzen werden von Betroffenen meist als brennend und unerträglich beschreiben.

  • Es handelt sich um eine chronische neurologische Erkrankung, die typischerweise nach einer Verletzung oder Operation auftritt, aber in keinem angemessenen Verhältnis zum auslösenden Ereignis steht.

  • Konkrete Betroffenenzahlen gibt es nicht. Schätzungen gehen aber von bundesweit rund 150 Tausend Erkrankten aus.

Der lange Weg zur Amputation

Alles fing 2013 mit scheinbar harmlosen Ellenbogenschmerzen im rechten Arm an. Der Arzt verschrieb mir Cortison-Tabletten, die aber nicht wirkten. Als nächstes bekam ich auf der betroffenen Seite einen Gips von der Schulter bis zu den Fingern. Als auch das nicht half, hieß es, ich müsse operiert werden.

Bei diesem Eingriff ging leider schief, was schiefgehen konnte. Während der Operation fühlte ich alles – die Schnitte, das Zunähen. Die Blutsperre, die eigentlich nur kurz angelegt werden sollte, blieb anderthalb Stunden an meinem Arm. Abschließend bekam ich einen Gips. Was folgte, waren Schmerzen, die mir mein Leben von nun an zur Hölle machen sollten.

Als mich mein Mann am Abend abholte, waren meine Finger blau.

Bei der Nachkontrolle am nächsten Tag versuchte mich der Arzt zu beruhigen – das sei der normale Verlauf. Wochenlang ging ich zu diesem Arzt, denn mein Arm wurde nicht besser. Da ich mich nicht ernstgenommen fühlte, bestand ich schließlich darauf, zu einer Spezialistin für Gefäßerkrankungen überwiesen zu werden.

Als die Frau meinen Arm sah, sagte sie gleich: Hoffentlich ist das kein CRPS. Bis dahin hatte ich den Namen dieser Krankheit noch nie gehört!

Fünf Monate nach den ersten Symptomen stand die Diagnose schließlich fest. Ich befand mich bereits im zweiten Stadium der Erkrankung, die Chance auf eine erfolgreiche Therapie waren gering.

Weitere Jahre voller Schmerzen, vergeblicher Behandlungsversuche und Operationen folgten, bis dann 2019 die Entscheidung zur Amputation fiel.

Fakten und Daten

Eine heimtückische Krankheit

Eine vollständige Heilung ist nur in manchen Fällen möglich. Bei vielen Betroffenen bleiben die Schmerzen bestehen. Außerdem können sich die Symptome der Erkrankung immer wieder schubartig neu bemerkbar machen.

Die emotionale Wende

Die Zeit nach der Amputation war nicht einfach. Das Leben mit nur einem Unterarm stellte mich im Alltag vor große Herausforderungen. Vor meiner Erkrankung war ich Erzieherin und Mutter gewesen – ein Mensch, der sich gerne um andere kümmerte. Nun war ICH diejenige, die Hilfe brauchte. Diese Rollenumkehr zu verarbeiten, fiel mir nicht leicht.

Dennoch veränderte sich etwas zum Positiven. ICH veränderte mich. Vor der Amputation hatte ich mich für meine blauen, teils schwarzen Finger und meinen deformierten Arm geschämt und mich versteckt. Die neugierigen, manchmal sogar angewiderten Blicke anderer Menschen machten mir Angst und kränkten mich. Nach der Amputation war dies anders. Nun wollte ich mich zeigen, wie ich war. Endlich fand ich – nicht zuletzt dank einer Therapie – die Kraft dazu.

Vom Verstecken zum Sichtbarwerden

Vom Verstecken zum Sichtbarwerden

Die wirkliche Veränderung in meinem Leben begann jedoch, als mein Sohn heimlich ein Video von mir auf TikTok hochlud. Zu meiner Überraschung ging es viral. Plötzlich erreichten mich Nachrichten von Menschen, die sich von meiner Geschichte inspiriert fühlten.

In der Folge entstand mein Social-Media-Pseudonym „Die einarmige Löwin“. Ich fand diesen Namen passend, denn schließlich hatte ich jahrelang gekämpft. Aufgeben war nie eine Option gewesen.

Heute versuche ich, anderen Menschen mit schweren Erkrankungen Mut zu machen und sie zu motivieren. Denn auch ein Leben mit Beeinträchtigung kann voller Freude sein – obwohl es natürlich herausfordernd bleibt.

Die Prothese gehört zu mir

Noch heute leide ich unter Schmerzen. Auch die Amputation hat daran bedauerlicherweise nichts geändert. Es folgten seither mehrere Operationen, weitere stehen an. Nach wie vor bin ich oft auf die Hilfe anderer angewiesen, doch dank meiner Prothese habe ich gelernt, einiges auch wieder selbst zu erledigen. Das gibt mir ein gutes Gefühl.

Und ja – ich habe ganz bewusst eine auffällige Prothese gewählt. Denn mittlerweile bin ich stolz auf sie. Zwar verfügt sie nur über eine begrenze Anzahl von Griffmustern, doch das ist so viel mehr als nichts. Oft schmücke ich meine Prothese sogar, indem ich zum Beispiel ein Armband oder einen Armreif darüber trage.

Auch meinen Stumpf verstecke ich nicht mehr. Bereitet mir die Prothese wieder einmal Schmerzen, nehme ich sie ab – auch in der Öffentlichkeit. Diese Form der Freiheit und der Selbstakzeptanz habe ich mir hart erkämpft.

Heute sehe ich meine Geschichte als Geschenk. Ich kann anderen zeigen, dass es auch nach schlimmen Schicksalsschlägen gut weitergehen kann. Ich möchte aufklären und motivieren. Für die Zukunft wünsche ich mir mehr Verständnis für Menschen mit Einschränkungen. Wenn ich dazu ein kleines bisschen beitragen kann, so macht mich das sehr glücklich.

 

Auch wir bei joviva haben es uns zur Aufgabe gemacht, Verständnis für körperliche Einschränkungen zu schaffen. Wir möchten Alltagshelden und Mutmachern die Chance geben, ihre Geschichte zu teilen und außerdem dazu beitragen, Versorgungslücken zu schließen.

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