Meine Diabetes-Geschichte: Diagnose im Kindesalter
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Plötzlich war alles anders
Mein Name ist Nina Joachim (auf Instagram: diabadass_nina), ich bin 25 Jahre alt. Im zarten Alten von sieben Jahren veränderte sich mein Leben für immer. Was mit einfachen Symptomen begann, entwickelte sich zu einer lebensbedrohlichen Situation – und zu einer Diagnose, die mich seither begleitet.
Die ersten Anzeichen
Im Rückblick waren die Anzeichen eindeutig. Der extreme Durst war das erste Signal. Während ein Erwachsener mit etwa drei Litern täglich auskommt, trank ich als 7-jähriges Kind etwa acht Liter pro Tag. Meine Eltern wunderten sich: „Warum hast du denn so viel Durst?“
Ich konnte es nicht erklären – ich hatte einfach Durst. So viel Durst, dass ich nachts heimlich aufstand, ins Badezimmer schlich und direkt aus dem Wasserhahn trank, damit niemand es bemerkte.
Die beunruhigende Entwicklung
Parallel zum Durst kam der drastische Gewichtsverlust. In kürzester Zeit verlor ich etwa die Hälfte meines Körpergewichts und wog nur noch etwa 15 Kilogramm – ein gefährlich niedriges Gewicht für ein 7-jähriges Kind. Es existiert nur ein einziges Foto aus dieser Zeit, und darauf sehe ich, wie ich selbst heute sage, „fast wie eine Tote“ aus.
Gut zu wissen
extremes Durstgefühl und sehr große Trinkmengen
große Urinmengen, nächtliches Wasserlassen oder Einnässen
Mattheit, Müdigkeit, Schwindelgefühle
Gewichtsverlust trotz Heißhungerattacken
Bauchschmerzen
Bei starkem Insulinmangel riecht der Atem oft nach Aceton oder Nagellackentferner (Ketoazidose).
Der Weg zur Diagnose
Meine Mutter erkannte früh, dass etwas nicht stimmte. Wir besuchten mehrfach unseren Kinderarzt, doch die Diagnosen waren unzureichend: „Es ist eine Grippe“, hieß es. Oder: „Es kommt vom Rücken.“ Ich hörte sogar: „Es ist die Pubertät.“ – Zur Erinnerung: Ich war gerade sieben Jahren alt!
Die eindeutigen Anzeichen – extremer Durst in Kombination mit starkem Gewichtsverlust – wurden übersehen. Stattdessen schickten uns die Ärzte immer wieder nach Hause. In den letzten Tagen vor der Diagnose verschlechterte sich mein Zustand dramatisch. Ich musste mich nach jeder Mahlzeit übergeben – nichts blieb mehr in meinem Körper.
Ein glücklicher Zufall war die Rettung
Die entscheidende Wendung kam durch einen glücklichen Zufall. Als ich so schwach war, dass meine Mutter mich nicht mehr allein zu Hause lassen konnte, nahm sie mich zu einem Termin meiner Zwillingsschwester beim Kinderpsychologen mit. Meine Schwester musste wegen ihres ADHS dorthin. Dieser Arzt bemerkte sofort meinen schlechten Gesundheitszustand und hörte aufmerksam zu, als meine Mutter meine Symptome schilderte.
Seine Reaktion war unmissverständlich: „Das hört sich nach Diabetes an. Wir messen sofort den Blutzucker.“
Der gemessene Wert lag bei etwa 600 mg/dl – eine lebensbedrohliche Überzuckerung. Der Arzt zögerte nicht: „Sofort ins Krankenhaus mit dem Kind!“
Die Zeit im Krankenhaus
Ich wurde umgehend in die Kinderklinik Würzburg eingeliefert und erhielt vom ersten Tag an Insulin und Infusionen. Nach etwa zweieinhalb Wochen war ich ausreichend stabil und eingestellt, um nach Hause entlassen zu werden.
Eine besonders prägende Erinnerung aus der Zeit im Krankenhaus ist mein achter Geburtstag, den ich dort verbringen musste – der erste Geburtstag ohne meine Zwillingsschwester. Diese Trennung machte die ohnehin schwierige Situation für mich noch belastender.
Ein neuer Anfang
Bereits ab dem ersten Tag verbesserte sich mein Zustand im Krankenhaus deutlich. Mit der richtigen Behandlung begann für mich ein neues Leben – eines mit diagnostiziertem Diabetes Typ 1. Es ist nicht immer leicht gewesen, aber mittlerweile habe ich meine Krankheit im Griff – und nicht umgekehrt. Dafür bin ich sehr dankbar.
Wichtiger Hinweis
Diese Geschichte basiert auf einer persönlichen Erfahrung und soll Bewusstsein für die Symptome von Typ-1-Diabetes bei Kindern schaffen. Wenn dein Kind ähnliche Symptome zeigt – extremen Durst, unerklärlichen Gewichtsverlust oder ständiges Erbrechen – so suche umgehend einen Arzt auf.
Ein langer Weg
Obwohl ich mich rein körperlich gut erholte, machte mir meine Krankheit dennoch zu schaffen. Ich litt darunter, dass es weder in meinem Freundeskreis noch in meiner Familie jemanden gab, der selbst betroffen war. Zwar konnte ich mit ihnen allen über den Diabetes sprechen, aber wirklich nachvollziehen, wie es mir damit ging, konnte keiner von ihnen. Mir fehlte jemand, der sich in mich hineinversetzen, mir aus eigener Erfahrung Tipps geben und mir Mut machen konnte. Oft hatte ich Angst und fühlte mich überfordert.
Leider wird dem mentalen Aspekt der Erkrankung auch heute oft noch zu wenig Beachtung geschenkt. Da heißt es dann nicht selten: „Du spritzt doch jetzt Insulin! Dann ist ja wieder alles in Ordnung.“ – Aber so einfach ist es nicht!
Es fiel mir schwer, meine Krankheit zu akzeptieren
Tatsächlich kann Diabetes enorm belastend sein. Ich habe mich oft erschöpft und energielos gefühlt, außerdem wollte ich nicht, dass man mir meine Krankheit ansieht. Ich war sieben Jahre alt. Ich wollte sein wie alle Kinder, nicht anders!
Deshalb habe ich meine Insulinpumpe am Anfang immer in die Hosentasche gesteckt, damit sie niemand bemerkt. Als ich mich dann doch mal traute, sie sichtbar zu tragen, haben ein paar Klassenkameraden blöde Kommentare gemacht. Das hat mich sehr verletzt. Außerdem hasste ich es, ständig angestarrt zu werden.
Also habe ich die Insulinpumpe wieder versteckt.
Schaut her, ich bin Diabetikerin!
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Schaut her, ich bin Diabetikerin!
Erst als ich etwa 18 Jahre alt war, hat sich das nachhaltig geändert. Den Mut dazu habe ich dank des Models Stefanie Giesinger gefunden. Ich habe Stefanie Giesinger, die an einer seltenen Darmfehlbildung leidet und zwei schwere Operationen durchstehen musste, damals in einer Fernsehsendung gesehen. Statt die riesige OP-Narbe zu verstecken, hat sie in der Fernsehshow darauf bestanden, ein Kleid zu tragen, das ihre Narbe zeigt.
Mich hat das beeindruckt. „Wow, dass die sich das traut! Echt cool!“ Der nächste Gedanke war: „Wenn sie das kann, kann ich das auch.“ Also habe ich, wenn ich Fotos postete, die Insulinpumpe und den Sensor an meinem Oberarm nicht länger wegretuschiert. Mehr noch: Ich habe mir extra Kleidung gekauft, bei der man beides besonders gut sehen konnte.
Ermutigende Reaktionen
Die Reaktionen, die ich auf Social Media dazu bekommen habe, waren richtig gut. Deshalb habe ich beschlossen, von nun an meinen Diabetes zu DEM Thema meines Instagram-Accounts zu machen. Und ich muss sagen: Das tut mir – aber auch meinen Followern – richtig gut. Wir alle haben jetzt „Leidensgenossen“, mit denen wir uns online austauschen können – genau das also, was mir zuvor so lange gefehlt hat. Auf meinem Account kann sich jeder aufregen, freuen oder einfach Erfahrungen teilen. Wir verstehen einander einfach, wissen genau, wovon der jeweils andere spricht, denn wir sitzen alle im gleichen Boot.
Mir persönlich hat der Austausch sehr geholfen, meine Krankheit zu akzeptieren. Wenn es mir mal nicht gut geht – auch das kommt natürlich vor – dann teile ich das manchmal eher mit meiner Community als mit meinen „Alltags“-Freunden. Und weil es mir sehr wichtig ist, andere Betroffene zu unterstützen, engagiere ich mich seit 2023 außerdem in der Deutschen Diabetes Föderation, dem Bundeverband der Diabetiker Selbsthilfe in Deutschland.
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Daten und Fakten
Bei Menschen mit Diabetes Typ 1 ist das Risiko für psychische Erkrankungen erhöht, dies bestätigen zahlreiche Studien. Betroffene werden häufiger wegen Stimmungs-, Angst- und Verhaltensstörungen behandelt als Menschen ohne Diabetes Typ 1. Depressionen, Gedächtnis – und Essstörungen sind keine Seltenheit.
Die geschilderten medizinischen Sachverhalte sind nicht oder nur bedingt als Ratschläge oder Empfehlungen zu verstehen und ersetzen in keinem Fall den Besuch bei einem Arzt, in einem Sanitätshaus oder die eigene sorgfältige Recherche. Für die Inhalte verlinkter Internetseiten sind ausschließlich die jeweiligen Betreiber bzw. Verfasser verantwortlich. Veröffentlichte Bilder stellen das Eigentum des Verfassers dar. Zwecks optimierter Lesbarkeit wird in der Regel die männliche Form verwendet. Die weibliche Form ist dabei selbstverständlich – wenn sinnvoll – eingeschlossen.