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BMI berechnen – macht das wirklich Sinn?

Mona Zaqqa
Mona Zaqqa12.8.2025 • Lesedauer: 5 Min.
BMI berechnen – macht das wirklich Sinn?

Body-Mass-Index: Was steckt dahinter?

Wer bei Google „Body-Mass-Index“ eintippt, erhält zunächst eine endlose Auswahl an BMI-Rechnern – doch was sagt diese Zahl wirklich über deinen Körper aus?

Der BMI ist heutzutage ein allgegenwärtiges Bewertungssystem, um anhand von Größe und Gewicht das Körperfett zu messen und Übergewicht zu diagnostizieren. Seit seiner Verbreitung stand die Zuverlässigkeit dieses Übergewicht-Rechners jedoch immer wieder in der Kritik. Unter anderem, weil der BMI wichtige Kriterien wie Muskel- und Fettverteilung, ethnische Unterschiede, Alter oder Geschlecht nicht oder nur bedingt berücksichtigt.

Ursprünglich gedacht als ein einfacher Index für statistische Zwecke, hat der BMI inzwischen einen Platz in der Gesellschaft eingenommen, der gesundheitliche und kulturelle Maßstäbe setzt – und verschwimmen lässt. Das Problem: Trotz seiner Limitationen ist der BMI fest im medizinischen System verankert und bestärkt die Fehlannahme, dass dünn immer gleich gesund ist.

Die Macht einer Zahl

Die ursprüngliche Formel des BMI – oder Body-Mass-Index – wurde vom belgischen Statistiker, Mathematiker und Astronomen Adolphe Quetelet (1796–1874) erfunden. Sein Ziel: eine mathematische Beschreibung des „normalen Mannes“. Die Formel diente dazu, die standardmäßigen Proportionen des erwachsenen Körpers und die Gesundheit einer Bevölkerung zu bestimmen, basierend auf dem Verhältnis zwischen Größe und Gewicht. Zwischen dem BMI und Übergewicht stand zu diesem Zeitpunkt noch kein Zusammenhang.

Während im 19. Jahrhundert eine volle Figur als Zeichen guter Gesundheit galt, änderte sich dieser Trend im 20. Jahrhundert. In seiner Studie über Herzerkrankungen aus dem Jahr 1972 stellte der US-amerikanische Physiologe Ancel Keys die Quetelet-Formel als Body-Mass-Index vor, den er für das beste Maß zur Bestimmung von Fettleibigkeit hielt. Keys merkte an, dass die Formel für Messungen großer Gruppen sinnvoll sei, nicht jedoch für individuelle Patienten. Dennoch wurde der BMI zu einem immer weiter verbreiteten Maßstab für die Bestimmung von Übergewicht.

BMI errechnen: So geht's

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Wie wird der Body-Mass-Index berechnet?

Der BMI wird in verschiedene Kategorien unterteilt, um das Körpergewicht im Verhältnis zur Körpergröße zu bewerten. Mit dieser Formel lässt sich der Body-Mass-Index berechnen:

BMI = Körpergewicht (in kg) : (Körpergröße (in m)²)

Beispiel: 65 (kg) : (1,85 (m)²) ≈ 18,99

Die Kategorien des Body-Mass-Index sind eingeteilt in:

  • Untergewicht: < 18,5

  • Normalgewicht: 18,5 bis 24,9

  • Übergewicht: ≥ 25

  • Präadipositas: 25 bis 29,9

  • Adipositas Grad 1: 30 bis 34,9

  • Adipositas Grad 2: 35 bis 39,9

  • Adipositas Grad 3: ≥ 40

Das BMI-Paradoxon

Die BMI-Formel ist recht einfach: Körpergewicht geteilt durch das Quadrat der Körpergröße. Doch genau diese Einfachheit, welche den BMI zu einem beliebten Maß für Übergewicht gemacht hat, macht ihn zugleich so problematisch. Denn der menschliche Körper ist nicht einfach berechenbar. Er ist komplex und individuell – und genau hier setzt die Kritik am BMI an.

Stell dir einen Leistungssportler vor, der durch regelmäßiges Training Muskelmasse aufbaut. Würde er als übergewichtig gelten? Sein BMI könnte genau das vermuten lassen. Denn der Body-Mass-Index berücksichtigt ausschließlich die Körpergröße und das Gewicht. Die Einstufungen werden also weniger aussagekräftig, wenn Fett und Muskeln gleichgesetzt werden.

Aus diesem Grund ist die Verwendung des BMI zur Bestimmung der Gesundheit unzureichend: Eine Person mit einem höheren BMI kann ein vollkommen gesundes Leben führen, während jemand mit einem niedrigen BMI möglicherweise unter körperlichen Problemen leidet. Dieses Paradoxon kann auch dazu führen, dass Erkrankungen wie Essstörungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Typ-2-Diabetes oder Mangelernährung unentdeckt bleiben.

Es darf auch nicht vergessen werden, dass Quetelets ursprüngliche Formel nur den „normalen Mann“ repräsentierte – genauer gesagt, den durchschnittlichen westeuropäischen Mann des 19. Jahrhunderts. Weder soziokulturelle Faktoren noch ethnische Unterschiede oder Geschlechtsbesonderheiten spielten dabei eine Rolle.

Moderne Forschung zeigt jedoch, dass der Zusammenhang zwischen BMI und Adipositas je nach ethnischer Herkunft variiert. Obwohl es heute spezialisierte BMI-Rechner für Frauen und Kinder gibt, bleiben diese Spezialisierungen oberflächlich und werden den tatsächlichen physiologischen Unterschieden nicht gerecht.

Wofür eignet sich also der BMI?
  • Der BMI kann helfen, Über- oder Untergewicht innerhalb einer Bevölkerung grob einzuschätzen.

  • Er kann genutzt werden, um Gesundheitsdaten zwischen verschiedenen Gruppen oder Ländern zu vergleichen (z. B. wie häufig starkes Übergewicht vorkommt).

  • Der BMI kann Teil einer größeren Gesundheitsbewertung sein – sollte aber nie als einziges Kriterium verwendet werden.

Wichtig ist zu beachten, dass ein Body-Mass-Index-Rechner keine Aussage über Fett- oder Muskelverteilung gibt, nicht für Diagnosen geeignet ist und keinen Ersatz für eine ärztliche Untersuchung darstellt.

Der BMI im Spiegel der Kultur

Wenn also der Body-Mass-Index gar nicht so aussagekräftig ist, wie seine Beliebtheit implizieren würde, was macht ihn dann zu einem so weit verbreiteten Phänomen? Die Antwort liegt zwischen dem richtigen Timing, wirtschaftlichen Interessen und einem wortwörtlich schmal definierten Schönheitsideal.

Die Weltgesundheitsorganisation erklärte 1997 Adipositas zur globalen Epidemie und setzte die BMI-Kategorien als weltweiten Standardmaßstab – und das zum Ende einer Dekade, die von einem extremen Dünnheitsideal geprägt war. Supermodels wie Kate Moss waren bekannt für ihre sogenannte „Heroin Chic“-Figur – dünn bis zur Zerbrechlichkeit. Eine ganze Generation wurde mit Bildern von Körpern, die für die meisten Menschen unerreichbar waren, in Zeitschriften, im Fernsehen und im Internet überhäuft.

In genau dieser Zeit erschien der BMI als vermeintlich objektiver und medizinisch fundierter Maßstab für Unter- und Übergewicht und spielte somit in die bereits herrschende Idealisierung und Gleichsetzung von dünn, gesund und schön. Auch die Versicherungsbranche erkannte diese Chance: Die Kategorisierung des BMI diente als einfache Möglichkeit, höhere Beiträge von Menschen mit höheren BMI-Werten einzufordern. Gleichzeitig entwickelte sich eine zunehmend lukrative Diät- und Fitnesskultur.

Gesundheit ist mehr als nur eine Zahl – sie ist ein Zusammenspiel aus vielen verschiedenen Faktoren, darunter die individuelle Genetik, Psyche und das soziale Umfeld. Gewichtsstigmata und Bodyshaming finden jedoch noch immer statt, oft unterstützt durch die scheinbare Neutralität des BMI. Umso wichtiger ist es, den BMI kritisch zu betrachten: Er sollte nicht länger als ultimative Wahrheit über den Körper gesehen werden, sondern als das, was er ist: ein über 190 Jahre altes statistisches Werkzeug, das nie dafür gedacht war, individuelle Gesundheit zu bewerten oder Diskriminierung zu rechtfertigen.

Mit dem heutigen Wissensstand zum BMI ist es einfacher, die Relevanz des BMI zu hinterfragen und sich stattdessen die Frage zu stellen: „Was jetzt?“

Gesundheit neu gedacht: Alternativen zum BMI

Glücklicherweise gibt es heutzutage eine Vielzahl an alternativen Konzepten zum BMI, die das Thema Gesundheit aus einer differenzierteren und inklusiveren Perspektive betrachten. Dazu gehören:

  • HAES (Health at Every Size): Übersetzt bedeutet dieser Begriff „Gesundheit in jeder Körpergröße“. Dieser Ansatz zielt darauf ab, die Gesundheitsversorgung mehrgewichtiger Menschen umfassender und empathischer zu gestalten. Anstatt Gewichtsabnahme als die einzig richtige Lösung darzustellen, fördert HAES gesunde Verhaltensweisen wie eine ausgewogene Ernährung, ausreichend Bewegung und die Akzeptanz körperlicher Vielfalt. Der Abbau persönlicher Vorurteile innerhalb der Gesundheitsbranche spielt dabei eine besonders wichtige Rolle.

  • Body Neutrality: Vielleicht hast du schon einmal von Body Positivity gehört. Dabei geht es darum, alle Körper als schön zu feiern. Body Neutrality, also Körperneutralität, konzentriert sich hingegen eher auf die Funktion als auf das Aussehen. Der Körper vollbringt jeden Tag Unglaubliches: Treppen steigen, einen Freund umarmen oder die Sonnenstrahlen durch das Fenster spüren – all das sind Dinge, die der Körper möglich macht. Body Neutrality ist daher eine besonders hilfreiche Option für viele Menschen, die eine respektvolle und wertschätzende Beziehung zu ihrem Körper aufbauen möchten.

  • Biomarker-basierte Gesundheitsbewertung: Es gibt weit aussagekräftigere Werte für den Gesundheitszustand als den BMI – darunter Blutzuckerwerte, Cholesterinspiegel, Blutdruck, Entzündungsmarker und Stoffwechselindikatoren. Diese Biomarker können sich bei Menschen mit dem gleichen BMI-Wert drastisch unterscheiden. Deshalb können Bluttests und Überwachungsgeräte deutlich individuellere und medizinisch fundiertere Informationen über die eigene Gesundheit liefern.

  • Ganzheitlicher Lebensstil: Der BMI berücksichtigt keine Besonderheiten im persönlichen Lebensstil. Dabei können Schlaflosigkeit, Stress und andere psychische Belastungen das Immunsystem, den Stoffwechsel und den Appetit stark beeinflussen – ganz unabhängig vom Gewicht. Eine ganzheitliche Betrachtung der Gesundheit berücksichtigt also Ursachen, die eine längerfristige Gesundheitsförderung ermöglichen können.

Diese Ansätze zeigen einen Weg zu einer Gesundheitskultur, die Menschen in ihrer Komplexität würdigt, statt sie zu kategorisieren. Denn Gesundheit ist so vielfältig wie der Mensch selbst.

Fazit

Fazit

Obwohl der Body-Mass-Index nicht sonderlich viel über die individuelle Gesundheit aussagt, ist er ein spannender Spiegel unserer Gesellschaft. Seit seinem Ursprung vor fast 200 Jahren hat sich seine Funktion drastisch von einem statistischen Werkzeug zu einem Maßstab für Übergewicht gewandelt. Heute ist es jedoch an der Zeit, über seine tatsächlichen Möglichkeiten und – noch wichtiger – seine Grenzen aufzuklären.

Der BMI, wie wir ihn heute kennen, existiert nicht in einem kulturellen Vakuum. Ganz im Gegenteil: Er wurde von sozialen Umständen geprägt und beeinflusst diese auch im Gegenzug. Aus diesem Grund ist es wichtig, die Gesundheitsversorgung aus einer umfassenden Perspektive zu betrachten, die Diskriminierung abbaut und körperliche Diversität anerkennt. Denn wahre Gesundheit misst sich nicht in Kilogramm pro Quadratmeter, sondern zeigt sich in Vitalität, Lebensfreude und der Fähigkeit, ein erfülltes Leben zu führen.

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