
Tetraplegie: Definition, Ursachen & Behandlung
Einleitung
Wer unter einer Tetraplegie leidet, der ist von einer besonders schweren Form der Querschnittslähmung betroffen, da alle vier Extremitäten (beide Arme und beide Beine) gelähmt sind. Auslöser ist meist eine Schädigung des Rückenmarks in der Halswirbelsäule. Trotz der Schwere der Erkrankung gibt es aber auch in diesem Falle Hilfsmittel und Dinge, die du tun kannst, um in deinem Alltag so viel Lebensqualität wie möglich zu erhalten.
Eine Tetraplegie (auch Tetraspastik genannt) ist eine besonders schwere Form der Querschnittslähmung, da beide Arme und beide Beine gelähmt sind. In manchen Fällen ist außerdem die Hals- und Rumpfmuskulatur betroffen.
Menschen, die an einer Tetraplegie leiden, werden Tetraplegiker genannt.
Eine Tetraplegie bedeutet immer eine elementare Veränderung deines Alltags. Bei vielen Dingen des täglichen Lebens bist du auf Unterstützung angewiesen. Doch es gibt Hilfsmittel und Therapien, dank derer du dennoch ein erfülltes, glückliches Leben führen kannst. Scheue dich außerdem nicht, dich an eine Selbsthilfegruppe zu wenden und lass dich von deinem Arzt beraten, was in deinem Fall alles möglich ist.
Was ist Tetraplegie?
Vielleicht hast du von deinem Arzt gerade die Diagnose „Tetraplegie“ bekommen und fragst dich nun: Was ist Tetraplegie eigentlich genau? Laut Definition bedeutet Tetraplegie: Die komplette Lähmung aller vier Extremitäten. Der Begriff kommt aus dem Altgriechischen: „Tetra“ steht für vierfach, „Plegie“ für Schlag, Lähmung. Auch bei einer Tetraparese sind beide Arme und beide Beine betroffen, doch die Lähmung ist inkomplett. Das heißt, anders als bei der Tetraplegie, sind bei einer Tetraparese entweder die motorischen oder die sensorischen Nervenbahnen betroffen. So kannst du zum Beispiel deine Beine und Arme zwar nicht mehr bewegen, hast darin aber noch immer Empfindungen.
Ursachen für Tetraplegie: Was sind die Auslöser?
Rund 140 Tausend Menschen mit Querschnittslähmung leben derzeit in Deutschland. Etwa 2400 kommen jährlich hinzu, so die Informationen der Fördergemeinschaft der Querschnittsgelähmten. Ursachen für eine Tetraplegie (eine vollständige Lähmung aller vier Extremitäten) kann es viele geben. Hier die häufigsten für dich im Überblick:
Verletzungen des Rückenmarks (Unfälle, Stürze –machen etwa 60 Prozent der Fälle aus)
Erkrankungen (z.B. Multiple Sklerose, Tumore, ALS). ALS-Symptome sind zum Beispiel Gangunsicherheit und schwache Beine, aber auch Ungeschicklichkeit der Hände. Wenn die Erkrankung fortschreitet, kann es zu Lähmungen oder Spastiken kommen.
Erbkrankheiten (wie bei der Spina bifina – umgangssprachlich „offener Rücken“, eine Missbildung der Wirbelsäule, meist auf Höhe der Lendenwirbelsäule und des Kreuzbeins) Auch die Huntington Krankheit wird über die Gene weitergegeben und führt zu Bewegungsstörungen, die mit dem Fortschreiten der Erkrankung zu Lähmungen führen können.
Thrombose der Arteria Spinalis anterior oder Arteria Basilaris
Komplikationen bei der Geburt
Was sind die Symptome und wie kann es diagnostiziert werden?
Du fragst dich vielleicht: Welche Symptome zeigte eine Tetraplegie? – Das eindeutigste Symptom dieser Querschnittslähmung ist natürlich, dass du deine Gliedmaßen (Arme und Beine) nicht mehr bewegen kannst. Das Ausmaß der Lähmung hängt davon ab, an welcher Stelle genau sich die Verletzung befindet. Die Rückenmarksverletzung selbst verursacht keine Schmerzen. Diese können aber zum Beispiel durch gebrochene Wirbel entstehen. Dein Arzt wird dich mit verschiedenen bildgebenden Verfahren untersuchen (Röntgen, CT, MRT), um Ort und Ausmaß der Verletzung zu erkennen. Außerdem können Blutuntersuchungen gemacht und Proben der Rückenmarksflüssigkeit genommen werden, um sicherzugehen, dass du nicht an einer bakteriellen Infektion leidest. Aber Achtung: Nicht immer ist es gleich eine Tetraplegie. Auch bei Erkrankungen des zentralen Nervensystems, wie ALS und Multiple Sklerose, treten Muskellähmung als Symptome auf.
Teilweise können auch Organfunktionen betroffen sein. Außerdem kann Tetraplegie zu Inkontinenz führen.
Welche Schweregrade bei Tetraplegie gibt es?
Hier die verschiedenen Arten und Schweregrade einer Querschnittslähmung für dich im Überblick:
Tetraplegie (vollständige Querschnittlähmung aller vier Extremitäten)
Paraplegie (vollständige Querschnittlähmung der unteren Extremitäten)
Tetraparese (inkomplette Querschnittlähmung aller vier Extremitäten)
Paraparese (inkomplette Querschnittlähmung der unteren Extremitäten)
Grundsätzlich wird außerdem zwischen einer spastischen und einer schlaffen Querschnittslähmung unterschieden. Bei der spastischen Lähmung handelt es sich um eine erhöhte, willentlich nicht steuerbare Muskelspannung, bei der schlaffen Lähmung kommen keine Impulse der Nerven, sich zu bewegen, an den Muskeln an.
Behandlungsmöglichkeiten bei Tetraplegie
Es gibt einige Therapien, die dir helfen können, deinen Alltag trotz deiner schweren Beeinträchtigung so angenehm wie möglich zu gestalten. In den meisten Fällen verschreibt dir dein Arzt Medikamente gegen Schmerzen. Physiotherapie ist sinnvoll zum Erhalt einer eventuell noch vorhandenen Beweglichkeit und zur Vorsorge vor Folgeschäden. Eine Ergotherapie unterstützt dich zudem dabei, Alltagstätigkeiten wieder zu erlernen, beziehungsweise dafür notwendige, gezielte Hilfestellungen zu erhalten. Schließlich gibt es noch die physikalische Therapie. Sie arbeitet mit Wärme, Kälte, Licht und elektrischen Reizen. Ihr Ziel ist es, die Selbstheilungskräfte des Körpers zu aktivieren und optimal zu nutzen. Außerdem kann eine Psychotherapie sinnvoll sein, um die neue Lebenssituation besser zu verarbeiten. Übrigens: Eine Beinamputation ist bei einer Querschnittslähmung in der Regel nicht sinnvoll. Nur wenn das Körpergewebe bereits abgestorben ist, kommt ein solcher Schritt überhaupt in Frage, da ansonsten das Risiko eines Infekts zu groß ist.
Akutbehandlung nach einer Rückenmarksverletzung
Eine Rückenmarksverletzung ist immer ein Notfall. Solltest du Augenzeuge eines Unfalls werden, bei dem jemand eine Verletzung am Rücken erleidet, rufe schnellstmöglich einen Notarzt. Die betroffene Person sollte sich außerdem auf keinen Fall bewegen. Erst Untersuchungen durch bildgebende Verfahren wie CT (Computertomographie) oder MRT (Magnetresonanztomographie) im Krankenhaus können Aufschluss über die Schwere der Verletzung geben. So kann zum Beispiel der Rücken gebrochen sein, auch ohne dass das Rückenmark verletzt worden ist. Liegt jedoch tatsächlich eine Schädigung des Rückenmarks vor, so zeigen die Untersuchungsbilder, wo genau sich die betroffene Stelle befindet. Zusätzlich können Proben der Rückenmarksflüssigkeit und des Blutes genommen und untersucht werden. Auf diese Weise kann zum Beispiel eine bakterielle Infektion ausgeschlossen werden.
Langzeittherapien (Physiotherapie, Ergotherapie)
Tetraplegie ist leider noch immer nicht heilbar. Aber die richtigen Therapien können dir helfen, das Ausmaß der Symptome und Begleiterkrankungen in den Griff zu bekommen. Doch du brauchst Geduld und Durchhaltevermögen, denn die Rehamaßnahmen dauern in der Regel mehrere Jahre. Diese hier stehen dir zur Verfügung – lass dich von deinem Arzt beraten und probiere aus, dir am besten hilft:
Medikamente gegen Schmerzen
Physiotherapie, zum Erhalt noch vorhandener Beweglichkeit und zur Vorsorge vor Folgeschäden
Ergotherapie hilft beim Wiedererlernen von Alltagstätigkeiten
Physikalische Therapie kann helfen, die Selbstheilungskräfte des Körpers zu aktivieren und optimal zu nutzen.
Chirurgische Eingriffe und medizinische Geräte
Die Plegie (vollständige Lähmung) selbst lässt sich leider nicht operativ beheben. Ein Eingriff kann nur sinnvoll sein, um zum Beispiel gebrochene Wirbelkörper zu stabilisieren, damit nicht noch weitere Verletzungen entstehen. Es gibt jedoch auch für Tetraplegiker zahlreiche Hilfsmittel, die dazu dienen, den Lebensalltag trotz der schweren Beeinträchtigung so angenehm wie möglich zu gestalten. Diese gehören dazu:
Rollstühle (Elektrorollstühle, für die keine Kraft in den Armen oder der Hand gebraucht wird)
Inkontinenzprodukte (Katheter, Vorlagen, Windelhosen, Analzäpfchen und einiges mehr)
Kompressionsstrümpfe (zum Vorbeugen von Thrombosen und Ödemen)
Orthopädische Schuhe (können Fehlstellungen des Fußes korrigieren)
Kommunikationshilfsmittel

Leben mit Tetraplegie: Alltagsbewältigung & Hilfe
Natürlich stellt dich eine Querschnittslähmung, erst recht, wenn beide Hände und Beine betroffen sind, jeden Tag aufs Neue vor große Herausforderungen. Doch es gibt einige Hilfsmittel, die dir den Alltag erleichtern können. Dazu gehören zum Beispiel Pflegehilfsmittel (Duschstuhl, Badewannenlifter), Anziehhilfen und elektrische Rollstühle. Nutze regelmäßig Therapien wie Physio- und Ergotherapie. Scheue dich nicht, Hilfe anzunehmen. Die Unterstützung durch deine Angehörigen wird dir guttun. Suche dir darüber hinaus aber auf jeden Fall auch Menschen als Ansprechpartner, die in der gleichen Situation sind wie du. Vielleicht gibt es in deiner Nähe ja sogar eine geeignete Selbsthilfegruppe. Und übrigens: Auch Menschen mit Tetraplegie müssen nicht auf Sexualität und Sinnlichkeit verzichten – zumal Nähe und Intimität bei weitem nicht ausschließlich über die primären Sexualorgane empfunden werden.
Neueste Forschungsergebnisse zur Tetraplegie
Eine Querschnittslähmung ist leider nach wie vor nicht heilbar. Doch in der Forschung wird natürlich eifrig daran gearbeitet – und es gibt durchaus erste Ergebnisse, die Hoffnung machen. So ist es einem Forschungsteam in der Schweiz gelungen, über eine implantierte Gehirn-Rückenmark-Schnittstelle (Brain-Spine Interface) eine Echtzeit-Kommunikation zwischen Gehirn und Rückenmark herzustellen. Diese kabellose Gehirn-Rückenmark-Verbindung zeigte bei einigen Fällen von Lähmung erste Erfolge. Außerdem werden aktuell Studien zu einer Therapie mit Antikörpern durchgeführt. Niemand kann aber sagen, ob, und wenn ja wann, eine Tetraplegie wirklich rückgängig zu machen sein wird.
Fazit
Eine Tetraplegie bedeutet immer eine erhebliche Einschränkung deiner Lebensqualität und deiner Möglichkeiten, ein selbstbestimmtes, unabhängiges Leben zu führen. Für vieles wirst du Hilfe brauche – nimm diese an! Es gibt vielfältige Therapien und Hilfsmittel, die dir den Alltag erleichtern und trotz deiner Einschränkungen lebenswert machen. Suche die Gemeinschaft mit Freunden und Familie, aber auch mit Menschen, die wie du an Querschnittslähmung leiden und tausche dich mit ihnen aus. Denke immer daran: Auch wenn du deinen Körper schlecht, kaum oder gar nicht mehr bewegen kannst – Zuneigung, Gemeinschaft mit anderen und Freude über kleine Dinge, all das kannst du trotzdem genießen.
Oft gefragt
Unsere Experten beraten dich gerne zu den von deinem Arzt empfohlenen Hilfsmitteln.